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Die Geschichte der Carrozzeria Vignale: Eine kleine Turiner Werkstatt, die Automobilgeschichte schrieb

  • Autorenbild: Safak Ebcinoglu
    Safak Ebcinoglu
  • vor 3 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit

Wenn man über italienisches Automobildesign spricht, fallen sofort die großen Namen: Pininfarina, Bertone oder Zagato. Doch hinter vielen wunderschönen italienischen Klassikern steckt auch die Carrozzeria Vignale – eine deutlich kleinere Karosseriewerkstatt aus Turin, die in den 1950er- und 1960er-Jahren einige der elegantesten und seltensten Fahrzeuge ihrer Zeit baute.Für mich hat Vignale immer eine besondere Bedeutung – nicht nur wegen unseres eigenen Alfa Romeo 2000 Vignale, sondern auch wegen des einzigartigen Stils und der besonderen Atmosphäre, die das Unternehmen geprägt hat.

In diesem Beitrag möchte ich die Geschichte von Vignale erzählen: wie alles begann, wie sich die Firma entwickelte und warum ihre Fahrzeuge bis heute bei Sammlern so geschätzt sind.


Wer war Alfredo Vignale? Der Mann hinter dem Namen

Alfredo Vignale wurde 1913 in Grugliasco geboren, einem kleinen Ort bei Turin. Wie viele junge Männer in dieser Region wuchs er praktisch inmitten der italienischen Autoindustrie auf. Fiat, Lancia und zahlreiche kleinere Werkstätten lagen direkt vor der Tür.

Seine beruflichen Wurzeln lagen im handwerklichen Karosseriebau. Schon früh lernte er, Metallbleche von Hand zu formen – eine Kunst, die später zum Markenzeichen seines Unternehmens wurde. Jede Karosserie, die Vignale verließ, war ein Einzelstück. Keine Presse, keine großen Maschinen – nur Handarbeit. Deshalb hat jeder Vignale-Wagen seinen ganz eigenen Charakter, selbst wenn mehrere Exemplare nach demselben Entwurf gebaut wurden.

Nach einigen Jahren bei Pininfarina eröffnete Alfredo Vignale 1946 seine eigene Werkstatt. Sie war zunächst klein, aber seine klaren Linien, die eleganten Proportionen und das besondere „Vignale-Gefühl“ machten ihn schnell bekannt.

Alfredo Vignale im Turiner Automobilmuseum

Was viele nicht wissen: Alfredo Vignale war nicht nur ein begabter Handwerker, sondern auch eine charismatische Persönlichkeit. Mitarbeiter beschrieben ihn als jemanden, der Kreativität mit praktischem Denken verband. Er lief oft durch die Werkstatt, sprach mit den Blechformern und prüfte selbst die Details. Auch als das Unternehmen erfolgreicher wurde, blieb er den täglichen Abläufen sehr nah.

Alfredo Vignale

Die goldene Zeit: italienischer Karosseriebau auf höchstem Niveau

Die Nachkriegsjahre waren die große Ära des italienischen Karosseriehandwerks. Die Autohersteller lieferten Fahrgestell und Motor – die Karossiers formten darauf individuelle, oft einmalige Karosserien.Vignale arbeitete in dieser Zeit mit Marken wie Alfa Romeo, Ferrari, Maserati, Fiat, Lancia und Jensen zusammen.

Viele dieser Fahrzeuge entstanden nur in Mini-Serien – manchmal nur ein einziges Stück, manchmal eine Handvoll. Deshalb sind originale Vignale-Wagen heute extrem selten.

In den 1950er-Jahren arbeitete Vignale eng mit dem jungen Designer Giovanni Michelotti zusammen, der später zu den wichtigsten Automobildesignern der Welt zählen sollte. Viele der schönsten Vignale-Modelle dieser Zeit stammen aus seiner Feder.


Vignale Karosserie in Turin

Vignale und Alfa Romeo: Eine kurze, aber spannende Zusammenarbeit

Im Vergleich zu Touring Superleggera oder Zagato arbeitete Vignale nur selten mit Alfa Romeo zusammen. Doch die wenigen gemeinsamen Projekte sind umso interessanter.

Das beste Beispiel ist der Alfa Romeo 2000 Vignale, auch als 2000 Coupé Vignale bekannt. Nur 47 Fahrzeuge wurden gebaut – ein echtes Sammlerstück.Alfa lieferte Technik und Fahrgestell, Vignale ergänzte eine elegante Karosserie im typischen Michelotti-Stil.

Viele Alfisti kennen dieses Modell bis heute gar nicht, was es für Sammler nur noch spannender macht. Es steht für eine Zeit, in der Handwerk, Design und Ingenieurskunst auf wunderbar italienische Art zusammenkamen.


Was macht einen Vignale so besonders?

Schaut man sich einen Vignale-Wagen an – selbst unrestauriert – spürt man sofort, dass er aus einer anderen Zeit stammt. Diese Fahrzeuge kommen nicht aus einer Fabrikhalle, sondern aus reiner Handarbeit.

Typische Merkmale:

  • individuell von Hand geformte Karossen

  • klare, zeitlos elegante Linien

  • extrem kleine Stückzahlen

  • Zusammenarbeit mit großen Designern

  • tiefe Verwurzelung in der italienischen Autokultur

Für viele Sammler haben Vignale-Autos deshalb eine eigene Seele. Man besitzt nicht einfach ein Fahrzeug – man besitzt ein Stück Kunst und Geschichte.


Eins der ersten Vignale Modelle

Das Ende einer Ära

Ende der 1960er-Jahre ging der klassische Karosseriebau in Italien langsam zu Ende. Die großen Hersteller begannen, ihre Karosserien selbst zu fertigen, und die Nachfrage nach handgefertigten Unikaten sank. Vignale konnte mit der industriellen Produktion nicht mithalten und schloss 1969 – kurz nach Alfredo Vignales tragischem Tod bei einem Autounfall.

Der Name „Vignale“ existiert heute zwar noch, wird aber von Ford für Ausstattungslinien genutzt und hat keinerlei Verbindung zur originalen Karosseriewerkstatt. Der wahre Vignale lebt nur in den wenigen überlebenden Fahrzeugen weiter.


Warum Vignale bis heute fasziniert

Heute genießen Vignale-Fahrzeuge und ihre Geschichte großes Ansehen. Die Stückzahlen sind gering, die Handwerkskunst außergewöhnlich und die Designs ein wichtiger Teil der italienischen Automobiltradition.Für Besitzer eines Vignale-Modells – wie dem Alfa Romeo 2000 Coupé – bekommt das Auto dadurch eine tiefere Bedeutung. Man fährt nicht nur einen Oldtimer, man bewahrt das Erbe einer kleinen, genialen Werkstatt.

Für mich persönlich macht dieses Wissen die Freude an unserem eigenen Wagen noch größer. Jedes Mal, wenn ich die Details der Karosserie betrachte, denke ich an die Hände, die sie geformt haben – und an das kleine Team in Turin, das dieses Auto vor über 60 Jahren gebaut hat.

 
 
 

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